Mittwoch, August 16, 2006

mitschrieb vom treffen am 10.8.06

kleine warnung vorab:

das hier sind nur stichpunkte aus der diskussion... und auch nur aus meiner perspektive, also nix abgesegnetes... kommentare und ergänzungen willkommen!

wir haben angefangen, über den text von encarnacion gutierrez rodriguez (ab jetzt: egr) zu reden. da der nicht ganz einfach zu lesen ist, haben wir zusammen versucht, die inhalte von anfang an aufzudröseln. dabei kamen unter anderem folgende punkte zur sprache:
  1. erste, ganz allgemeine feststellung: konfliktlinie zwischen den geschlechtern ist nicht die einzige politisch-gesellschaftliche konfliktlinie.
  2. postkolonialität bezeichnet einen ort der poltischen verortung, so ruth frankenberg und lata mani.
  3. damit (mit verortung) ist gemeint: wir leben im gedächtnis und vermächtnis einer kolonialen vergangenheit, d.h. sind davon geprägt. (der verortungsbegriff kommt von gramsci)
  4. in deutschland ist dafür eine auseinandersetzung mit der EIGENEN rolle als (ex-)kolonialmacht nötig. in der realität wird kolonialismus zu oft nur england/frankreich zugewiesen. (literaturhinweise: Rössel, Karl: Wind, Sand und (Mercedes-) Sterne; Timm, Uwe: Morenga; Timm, Uwe: Deutsche Kolonien;... soll ergänzt werden!!!)
  5. auch wenn gender zu recht als konstruktion entlarvt wurde: die konstruktion hat materielle (und je nach kontext unterschiedliche!) konsequenzen (erg, absatz 14: "Nicht alle Subjekte haben die gleichen materiellen Folgen von institutionellen Bezeichnungsdynamiken zu tragen")
  6. länger haben wir über erg's kritik an claudia klinger (ab jetzt: ck) diskutiert (abs. 17):
    1. wenn ck "Positionen lesbischer und schwarzer Feministinnen" denen "nicht weniger" feministinnen gegenüberstellt, bedeutet das, lesbisch- und schwarz-sein als sonderfall zu markieren gegenüber einer damit implizit gesetzten norm, und sie aus der "selbstbeschreibung/selbstverortung" auszuklammern (= universalisierend und vereinnahmend). das meint wohl auch sedef gümen (abs 20) mit "ethnisierung" von positionen.
    2. gümen spricht auch von "partikularisierung" (= an den rand verweisen) des rassismus
    3. warum hat ck nicht recherchiert, aus welcher position raus denn die "nicht wenigen" damals sprachen?
  7. dann gings um die position der intellektuellen (abs 30ff). sartre ging noch von "universellen" (von allen materiellen umständen abgehobenen) intellektuellen aus, foucault + deleuze (ab jetzt: F+D) wissen bereits um ihre spezialisierung und lokalisierung, meinen aber, dass prinzipiell jede/r jederzeit über sich selbst sprechen kann. Gayatri Chakravorti Spivak (ab jetzt: spi) kritisiert diesen ansatz:
    1. authentisches sprechen bedeute nicht unbedingt kritisches sprechen
    2. F+D verkennen ihre eigene machtposition (ihre teilhabe am herstellen der welt") und sind sich ihrer vertretungsposition nicht bewusst.
    3. F+D verkennen, dass der (sic!) lokale Intellektuelle in das Globale eingeflochten ist, und damit "seine tätigkeit innerhalb... der internationalen geschlechtsspezifischen arbeitsteilung, die auch die trennung zwischen kopf- und handarbeit strukturiert" ausübt.
    4. spi: die hierarchisierung von arbeit geht mit einer materiellen und diskursiven auf- und abwertung einher...
    5. spi: das reden oder nicht-reden von intellektuellen findet in einem herrschaftsraum statt, in dem nicht jede stimme gleichermaßen gehört wird, und zu dem nicht jede/r den gleichen zugang hat.
    6. intellektuelle beschreiben UND vertreten welten (spi: "worlding").
    7. theorien entstehen abhängig von einem zu bestimmenden kontext und stellen "gesellschaftliche effekte" dar.
    8. die mechanismen, die dazu führen, das die "subalternen" (=unterworfenen/unterlegenen?) nicht sprechen können, bezeichnet spi als verstummung, aussonderung, ausklammerung und vereinnahmung.
an dieser stelle (ungefähr ab absatz 34) wollen wir nächstes mal weitermachen... da gehts dann drum: wie kann die subalterne frau dargestellt werden, ohne vereinnahmt oder instrumentalisiert zu werden, also wie können wir drüber reden...