Freitag, August 25, 2006

Gender in Aspik...

Geschlechter, Leben und Begehren sind Inhalt einer Ausstellung im Kölner Museum Ludwig. "In der Ausstellung soll der Konstruktion von Geschlecht, Körper und Sexualität in der Kunst seit 1960 nachgegangen werden. Der Titel „Das achte Feld“ ist eine Metapher aus dem Schach: In diesem Spiel kann sich ein Bauer, der auf das achte Feld vorrückt, in eine Dame verwandeln."

Freitag, August 18, 2006

Stellungnahme zum Inkrafttreten des Allgemeinen Geleichbehandlungsgesetzes

Vielleicht interessiert das auch die eine oder andere: aktuelle rechtliche Situation (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz in der BRD, grade in Kraft getreten) und Stellungnahme verschiedener unabhängiger Antidiskriminierungsstellen dazu:

Nach knapp 3 Jahren setzt die Bundesrepublik Deutschland nun endlich als einer der letzten EU-Staaten das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) um. Der Europäische Gerichtshof hatte Deutschland bereits wegen Nichteinhaltung der Umsetzungsfristen veruteilt.

Bezüglich des Inkraftretens des AGG haben mehrere unabhängige Antidiskriminierungsstellen in Deutschland eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht, die bundesweit an Migrantenorganisationen und andere Verbände gesendet wurde. Die Stellungnahme soll sowohl informieren, als auch kritisch das AGG beleuchten. Von Diskriminierung Betroffene werden dabei aufgerufen, ihre erlebte Diskriminierung so schnell wie möglich zu melden, da Ansprüche nur im Zeitraum von 2 Monaten geltend gemacht werden können. Die Stellungnahme kann bei den beteiligten Organisationen oder direkt beim Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des TBB angefordert werden.

Verschiedene, unabhängige Antidiskriminierungsstellen in Deutschland begrüßen, dass die Bundesrepublik nun endlich ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, ein Gesetz zum Schutze vor Diskriminierung zu verabschieden, und sich im zivilrechtlichen Bereich für einen umfassenden Diskriminierungsschutz aller Merkmale entschieden hat.

Zu kritisieren ist jedoch, dass das AGG an einigen - inbesondere für Betroffene relevanten - Stellen, entweder weit hinter den EU-Richtlinien zurück bleibt oder diesen in keiner Weise gerecht wird.

Das AGG bleibt hinter den Mindesstandard für einen wirksamen rechtlichen Schutz zurück. Beispielsweise ist hier zu nennen:

. Bei den Ausnahmeregelungen, wie bei der Vermietung von Wohnraum: Diese Ausnahmen sind nicht durch die Richtlinien abgedeckt. Im Gegenteil, gerade die nun zulässige unterschiedliche Behandlung bei der Vermietung von Wohnraum stellt in ihrer Auswirkung eine rassistische Diskriminierung dar, die nun durch das Gesetz legitimiert wird. All zu oft bekommen Menschen nicht-deutscher Herkunft keine Wohnung, weil die Hausverwaltung mit einer ausgewogenen sozialen und kulturellen Mischung argumentiert.

. Bei der Fristsetzung von 2 Monaten, um Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen: Weder ist diese Fristsetzung im Sinne der Betroffenen, noch ist sie konform mit den Richtlinien, die eine Schlechterstellung des geltenden Rechtes verbietet. Ferner steht diese zu knapp bemessene Frist dem eigentlichen Ziel des Gesetzes entgegen, vorrangig eine außergerichtliche Einigung anzustreben.

. Durch die Vernachlässigung von sexueller Belästigung und des Viktimisierungsschutzes: Auch hier fordern die Richtlinien, dass Menschen, die gegen eine Diskriminierung vorgehen, sei es als betroffene Person oder als Zeugin oder Zeuge, geschützt werden. Ferner fordert die sog. Genderrichtlinie einen Schutz vor sexueller Belästigung auch im Zivilrecht.

. Bei der Sanktionierung: Im Sinne der EU Richtlinien müssen die Sanktionen nicht nur angemessen, sondern auch wirksam und abschreckend sein. Ob die Regelungen des AGG tatsächlich wirksam und abschreckend sind, ist zu bezweifeln.

Ferner ist zu kritisieren, dass die Bundesregierung trotz heftiger Kritik von Seiten der Betroffenenverbände am Begriff der "Rasse" festhält. Die gesellschaftlichen Diskussionen sowie zahlreiche Medienberichte zeigen, dass der Begriff undifferenziert und ohne jegliche Erklärung verwendet wird und den Glauben an die Existenz "menschlicher Rassen" dadurch nur begünstigt. Auch die Vernachlässigung der Merkmale Staatsangehörigkeit und Sprache beim Diskriminierungsschutz, sowie der nicht nachvollziehbare, unterschiedliche Diskriminierungsschutz im zivilrechtlichen Teil, der klar zu einer Hierarchisierung der Diskriminierungsmerkmale beiträgt, ist zu kritisieren. Auf Unverständnis trifft auch die Ausnahmeregelung für die Kirchen sowie die Herausnahme des Merkmals "Weltanschauung", das übersetzt aus dem Englischen "belief" einen anderen Bedeutungszusammenhang enthält als rechtsextremes oder nationalsozialistisches Gedankengut.

Während im arbeitsrechtlichen Teil Diskriminierungen untersagt sind, wenn die diskriminierende Person nur ein Diskriminierungsmerkmal annimmt, muss im zivilrechtlichen Teil das Diskriminierungsmerkmal auch tatsächlich vorliegen. Diese Inkosistenz stellt ein Einfallstor für Diskriminierung dar und verhindert einen effektiven Schutz für all jene, die aufgrund äußerlicher Merkmale bestimmten Gruppen zugeordnet werden.

Um ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen die Betroffenen Indizien beweisen, die eine Benachteiligung aufgrund eines Diskriminierungsgrundes vermuten lassen. Die Erfahrungen aus der Beratungspraxis zeigen, dass sich die Diskriminierungssituationen in der Regel durch ein starkes Machtungleichgewicht zwischen Diskriminierenden und Diskriminierten auszeichnen, die sich auf die Beweisführung direkt auswirkt. Daher ist eine echte Beweislastumkehr zu fordern.

Weiter ist die vorgesehene Verbandsbeteiligung von Antidiskriminierungsverbänden als Beistände zu kritisieren. Die Praxis zeigt, dass sich eine "echte" Verbandsklage, wie im Verbraucherschutz oder beim Behindertengleichstellungsgesetz, bewährt und auch wirkungsvoll ist, insbesondere um gegen mittelbare Diskriminierungen vorgehen zu können. Enttäuschend ist ferner die Ausgestaltung der sog. Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Weder ist ihre Unabhängigkeit gewährleistet noch reichen ihre Kompetenzen zur Unterstützung von Betroffenen aus.

Was nun?

Jede Form der Diskriminierung stellt eine Barriere für Integration und für die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben dar. Eine umfassende Antidiskriminierungspolitik läßt Ungleichbehandlungen nicht zu, weder im privat- und arbeitsrechtlichen noch im öffentlichen und institutionellen Raum.

Um insbesondere mittelbare Diskriminierung zu beweisen, ist es notwendig auf Statistiken zurück zu greifen. Solche Statistiken beruhen jedoch auf eine bestimmte Form der Datenerhebung. Noch ist es in der Bundesrepublik nicht möglich, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft beispielsweise zu beweisen, da dieses Merkmal statistisch nicht erfasst wird. Hier besteht nun dringend Handlungsbedarf!

Notwendig ist auch eine Förderpolitik, die gerade jene Gruppen, die von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind, zu Chancengleichheit verhilft. Gerade angesichts der EU-Ratspräsidentschaft der Bundesrepublik im Jahr 2007, die unter dem Motto des europäischen Jahres für Chancengleichheit steht, erwarten viele Betroffenenverbände einen Vorstoß der Bundesregierung in Sachen Antidiskriminierung und Chancengleichheit.


Kontakt:
Florencio Chicote
(Projektkoordinator ADNB des TBB)
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin - ADNB

Mittwoch, August 16, 2006

mitschrieb vom treffen am 10.8.06

kleine warnung vorab:

das hier sind nur stichpunkte aus der diskussion... und auch nur aus meiner perspektive, also nix abgesegnetes... kommentare und ergänzungen willkommen!

wir haben angefangen, über den text von encarnacion gutierrez rodriguez (ab jetzt: egr) zu reden. da der nicht ganz einfach zu lesen ist, haben wir zusammen versucht, die inhalte von anfang an aufzudröseln. dabei kamen unter anderem folgende punkte zur sprache:
  1. erste, ganz allgemeine feststellung: konfliktlinie zwischen den geschlechtern ist nicht die einzige politisch-gesellschaftliche konfliktlinie.
  2. postkolonialität bezeichnet einen ort der poltischen verortung, so ruth frankenberg und lata mani.
  3. damit (mit verortung) ist gemeint: wir leben im gedächtnis und vermächtnis einer kolonialen vergangenheit, d.h. sind davon geprägt. (der verortungsbegriff kommt von gramsci)
  4. in deutschland ist dafür eine auseinandersetzung mit der EIGENEN rolle als (ex-)kolonialmacht nötig. in der realität wird kolonialismus zu oft nur england/frankreich zugewiesen. (literaturhinweise: Rössel, Karl: Wind, Sand und (Mercedes-) Sterne; Timm, Uwe: Morenga; Timm, Uwe: Deutsche Kolonien;... soll ergänzt werden!!!)
  5. auch wenn gender zu recht als konstruktion entlarvt wurde: die konstruktion hat materielle (und je nach kontext unterschiedliche!) konsequenzen (erg, absatz 14: "Nicht alle Subjekte haben die gleichen materiellen Folgen von institutionellen Bezeichnungsdynamiken zu tragen")
  6. länger haben wir über erg's kritik an claudia klinger (ab jetzt: ck) diskutiert (abs. 17):
    1. wenn ck "Positionen lesbischer und schwarzer Feministinnen" denen "nicht weniger" feministinnen gegenüberstellt, bedeutet das, lesbisch- und schwarz-sein als sonderfall zu markieren gegenüber einer damit implizit gesetzten norm, und sie aus der "selbstbeschreibung/selbstverortung" auszuklammern (= universalisierend und vereinnahmend). das meint wohl auch sedef gümen (abs 20) mit "ethnisierung" von positionen.
    2. gümen spricht auch von "partikularisierung" (= an den rand verweisen) des rassismus
    3. warum hat ck nicht recherchiert, aus welcher position raus denn die "nicht wenigen" damals sprachen?
  7. dann gings um die position der intellektuellen (abs 30ff). sartre ging noch von "universellen" (von allen materiellen umständen abgehobenen) intellektuellen aus, foucault + deleuze (ab jetzt: F+D) wissen bereits um ihre spezialisierung und lokalisierung, meinen aber, dass prinzipiell jede/r jederzeit über sich selbst sprechen kann. Gayatri Chakravorti Spivak (ab jetzt: spi) kritisiert diesen ansatz:
    1. authentisches sprechen bedeute nicht unbedingt kritisches sprechen
    2. F+D verkennen ihre eigene machtposition (ihre teilhabe am herstellen der welt") und sind sich ihrer vertretungsposition nicht bewusst.
    3. F+D verkennen, dass der (sic!) lokale Intellektuelle in das Globale eingeflochten ist, und damit "seine tätigkeit innerhalb... der internationalen geschlechtsspezifischen arbeitsteilung, die auch die trennung zwischen kopf- und handarbeit strukturiert" ausübt.
    4. spi: die hierarchisierung von arbeit geht mit einer materiellen und diskursiven auf- und abwertung einher...
    5. spi: das reden oder nicht-reden von intellektuellen findet in einem herrschaftsraum statt, in dem nicht jede stimme gleichermaßen gehört wird, und zu dem nicht jede/r den gleichen zugang hat.
    6. intellektuelle beschreiben UND vertreten welten (spi: "worlding").
    7. theorien entstehen abhängig von einem zu bestimmenden kontext und stellen "gesellschaftliche effekte" dar.
    8. die mechanismen, die dazu führen, das die "subalternen" (=unterworfenen/unterlegenen?) nicht sprechen können, bezeichnet spi als verstummung, aussonderung, ausklammerung und vereinnahmung.
an dieser stelle (ungefähr ab absatz 34) wollen wir nächstes mal weitermachen... da gehts dann drum: wie kann die subalterne frau dargestellt werden, ohne vereinnahmt oder instrumentalisiert zu werden, also wie können wir drüber reden...
Herzlich willkommen zum blog der gender discussion group!

wofür das gut sein soll???

vielleicht zum veröffentlichen wichtiger termine?
z.b.
  • 24.8.06 , 20h, nächster treff, wie immer @ querfunk
  • 9.9. party - einladung per mail ;-)
oder zum posten und archivieren von literaturtipps, protokollen der letzten treffen, etc.... (kommt sofort ;-)

bis bald!
R.